Organisation 2.0


Als Organisation befindet man sich in einem ständigen Zustand der Transformation: Anpassung von Strukturen, Einführung neuer Abteilungen, personelle Wechsel. Die digitale Revolution hat Dynamik und Reichweite von Änderungen jedoch noch einmal auf ein ganz neues Level gehoben.

Ein wichtiger Motor dieser neuen organisatorischen Transformation ist die Generation der nach 1980 geborenen. Die sogenannten „Digital Natives“ bringen revolutionäre Formen der Kommunikation mit sich und ändern so die Art und Weise, in welcher Informationen auf der Arbeit behandelt werden. Eine Organisation 2.0 hat diese neuen Anforderungen mit einzukalkulieren, was häufig eine große Herausforderung für bestehende Organisationsstrukturen darstellt.

In einer klassischen Organisation 1.0 sind Anwendungen, Qualifikationen, Produktion und Auswertung alle klar und prozessorientiert angesiedelt. In der Arbeitswelt der Zukunft wird diese Herleitung zunehmend durch neue Werte wie Flexibilität und Mobilität ersetzt. Die Kreativität der Mitarbeiter wird zu einem zentralen Wirtschaftsfaktor und stellt Personalabteilungen vor noch nie dagewesene Herausforderungen.

Ein Härtetest: Facebook

Bereits der Umgang mit sozialen Netzwerken wie Facebook hat sich hierbei als Feuerprobe für viele interne Strukturen herausgestellt. Parallel zu den etablierten Kommunikationsnetzen der Unternehmen bietet Facebook eine in sich geschlossene Welt: unabhängige Teams arbeiten virtuell zusammen an gemeinsamen Projekten. Gleichzeitig ist es jedem Mitarbeiter möglich, den Kreis seines virtuellen Teams durch Kontakte aus seinem persönlichen Netzwerk zu erweitern, um sich weitere Meinungen anzuhören und einen fachlichen Austausch zu nutzen.

Auf diese Weise nehmen junge Mitarbeiter eine neue Form der Arbeit und Kommunikation an, die unabhängig von ihrer Position im Unternehmen einen neuen Standard setzt.

Dieses Phänomen der neuen Generation wurde in der Accenture-Studie „Millennials vor den Toren“ bestätigt und mit einer bundesweiten Online-Umfrage unter 570 Menschen im Alter von 14 bis 32 belegt. Zwei Drittel der Teilnehmer gaben an, dass sie erwarten, in ihrem Beruf eher über soziale Netzwerke wie Facebook als über den „klassischen“ Email-Verkehr zu kommunizieren. Für sie stellen soziale Netzwerke nicht nur ein schnelleres, sondern auch ein interaktiveres Mittel zur Kommunikation dar. Ganz im Gegensatz zum eindimensionalen Ansatz der e-Mail.

Wir sprechen hier von einem stattfindenden „Clash der Kulturen“: „Millennials erwarten eine Arbeitsumgebung die durch Mobilität und Flexibilität geprägt ist. Sie arbeiten gerne mit den Anwendungen und Geräten ihrer Wahl,“ schlussfolgert die Accenture-Studie.


Management unter Druck

Allein in diesem Jahrzehnt werden mehr als 50 Millionen Digital Natives ihre Karrieren beginnen und im Zuge dessen die Arbeitsabläufe und Infrastrukturen in den Unternehmen beeinflussen. Die Integration von digitalen sozialen Netzwerken in Organisationen und Arbeitswelten, ob nun bewusst geplant oder einfach durch die Verwendung von Facebook, Xing, etc. notwendig geworden, wird eine Herausforderung für Führungskräfte darstellen.
Für die Strukturen bedeutet eine virtuelle Vernetzung über Social-Communities und deren eher lösungsorientiertem Ansatz eine Abkehr von traditionellen Abteilungs- und hierarchischen Grenzen. Führungskräfte können so aus Projektphasen trotzt der üblichen formalen Prozesse vollkommen ausgeschlossen werden.

Soziologe Richard Sennett hat die Revolution in „Management und Organisation 2.0“ zusammengefasst. Für ihn werden die Mitarbeiter der Zukunft nicht mehr unbedingt nach denen über einen Zeitraum entwickelten Fähigkeiten, sondern vielmehr nach deren Potential bewertet. Für Top-Führungskräfte erscheinen diese Schlussfolgerungen noch bedrohlicher: In der Firmenkultur von Morgen verlieren Verdienste der Vergangenheit ihre Relevanz – man wird lernen müssen, die Vergangenheit Vergangenheit sein zu lassen und ein bestimmter Platz in einer Organisation wird nicht länger garantiert sein.

Die Änderungen der Organisation 2.0 umfassen alle Bereiche der Unternehmen, insbesondere jedoch Wissens- und Projektmanagement sowie interne und externe Kommunikation. Hier kommt das Wertesystem der digital Natives besonders zum Tragen, erwarten doch junge Mitarbeiter eine Kultur der Vernetzung und der schnellen Rückmeldungen. Somit werden hierarchisches Feedback und häufige Bewertungen eine viel größere Rolle in der Organisation eines Unternehmens und seiner Arbeitsabläufe spielen. Im Einklang mit agilem Prozessmanagement werden Mitarbeiter viel häufiger Feedback fordern um zu erfahren wie effizient und erfolgreich sie die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen. Um diese Ziele zu erreichen wird eine neue Kultur der Wertschätzung notwendig sein.

Von Ansgar Mayer, September 2012